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Unfallkasse Rheinland-Pfalz | Im Einsatz für einen sicheren bewegten Ganztag


Im Einsatz für einen sicheren bewegten Ganztag

Neuer Anspruch auf Ganztagsförderung hat Auswirkungen auf die Unfallprävention

 

Zwei Kinder „tanzen“ durch den Raum, verbunden nur durch einen Stift, den sie zwischen ihren Fingerspitzen balancieren. Was hat dieser „Stifte-Tango“ mit dem ab kommenden Jahr geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung an Grundschulen zu tun? Er könnte ein kleines Puzzleteil sein im neuen Gefüge, das viele Chancen und ebenso viele Herausforderungen mit sich bringt – auch im Hinblick auf Bewegungsförderung und die Unfallprävention.

Dass der Anspruch auf Ganztagsförderung an Grundschulen im nächsten Jahr kommen wird, ist gesetzt. Die Schulen müssen schauen, wie sie die Voraussetzungen dafür schaffen und wo sie das nötige Personal hernehmen. Denn die Erweiterung der verlässlichen Betreuungszeiten lässt sich nicht alleine durch Lehrkräfte stemmen. Doch auch pädagogisches Fachpersonal ist inzwischen rar. Wie und mit welchen Kräften füllen die Schulen also zukünftig den Nachmittag? Mit Trainerinnen und Trainern sowie Übungsleiterinnen und Übungsleitern aus Sportvereinen etwa, oder auch mit anderen pädagogischen Mitarbeitenden, die idealerweise zusammen mit Lehrkräften und pädagogischem Fachpersonal ein „multiprofessionelles Team“ bilden.

Der Idee nach können und sollen pädagogische Mitarbeitende im Ganztag ihre jeweilige Qualifikation einbringen. Kinder lernen so nicht nur während der Schulzeit, sondern auch nachmittags beim Sport, beim Experimentieren, beim Kreativsein, beim Theaterspielen oder im Zusammenspiel mit anderen Kindern. Doch gerade im Bereich der Bewegungsförderung birgt fehlende Expertise Risiken. Schon jetzt ist es so, dass die meisten Unfälle in der Schule im Sportunterricht und auf dem Pausenhof passieren. Wenn Schülerinnen und Schüler zukünftig noch mehr Zeit in der Schule verbringen und dabei auch Sport treiben, könnte es in der Folge auch zu mehr Unfällen kommen. 

„Wir vermuten, dass es ein steigendes Unfallgeschehen an den Grundschulen geben wird“, formuliert Claudia Paganetti, Sportwissenschaftlerin bei der Unfallkasse Rheinland-Pfalz, eine vorsichtige Prognose. Die Sorge davor sollte dabei aber kein Hinderungsgrund für mehr Bewegung und Sport in der Schule sein – im Gegenteil. „Wir wollen ja, dass sich die Kinder bewegen, und wünschen uns ein aktives Bewegungsangebot“, betont Paganetti. Allerdings sollte es ein Bewegungsangebot sein, das für alle Beteiligten möglichst attraktiv, aber auch sicher ist. Fehler seien nicht vermeidbar, schwere Unfälle aber schon – ganz im Sinne der „Vision Zero“, der Vision einer Welt ohne Unfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen.

Eine andere Herausforderung sind die häufig heterogenen Lerngruppen im Ganztag, die daraus resultieren, dass Kinder aus verschiedenen Klassenstufen bunt zusammengewürfelt werden. Sportliche und weniger sportliche Kinder finden sich hier, und sie alle sollen möglichst unter einen Hut gebracht werden. Im Hinblick auf eine angenehme Lernumgebung mit einer kindgerechten Förderung hilft der Vorsatz „Wir gucken mal, wie wir sie irgendwie betreut kriegen“ kaum weiter. Es braucht mehr.

Ein Weg ist die Sensibilisierung und Qualifizierung neu hinzukommender Personengruppen für den schulischen Kontext – und hierbei hilft die Unfallkasse Rheinland-Pfalz Grundschulen in Rheinland-Pfalz auf die Sprünge: In ihrem Seminar „Ganztagsanspruch 2026 – aber sicher“, das sich neben Lehrkräften auch an pädagogische Mitarbeitende richtet, gibt sie Input in Sachen Versicherungsschutz, Unfallprävention und Bewegungsförderung und bietet Ideen für bewegten Unterricht, bewegte Pausen und bewegte Schule.

Vorgestellt werden Praxisbeispiele für vielfältige Bewegungsimpulse und Spiele – auch auf kleinstem Raum. Ganz wichtig: Die Übungen und Spiele sollen sicher und gesund sein, den Kindern aber ebenso viel Spaß machen. Hierfür schöpft die Unfallkasse Rheinland-Pfalz auch aus der Ideenfülle ihrer Webeanwendung „schulsportideen.de“, die vor wenigen Jahren speziell dafür entwickelt wurde, gerade fachfremd unterrichtenden Sportlehrkräften theoretische und praktische Inhalte für einen sicheren und attraktiven Sportunterricht an die Hand zu geben. 

Die im Seminar vorgestellten Inhalte zeigen, wie im Ganztag bei den Kindern für Aktivierung, Entspannung und Ausgleich sowie Teambuilding im „Wir“ gesorgt werden kann. Der „Stifte-Tango“ schafft alles in einem: Er lässt Kinder sich bewegen und fördert so nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihre motorischen Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen.

Was steckt hinter dem Gesetz?

Das Ganztagsförderungsgesetz zielt nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend darauf ab, eine Betreuungslücke zu schließen, die nach der Kita-Zeit für viele Familien wieder aufklafft, sobald die Kinder eingeschult werden. Ziele des Gesetzes sind mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung.

Ab August 2026 sollen deshalb zunächst alle Grundschulkinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch erhalten, ganztägig gefördert zu werden. Der Anspruch wird in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet. Somit hat ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen eins bis vier Anspruch auf eine ganztägige Betreuung.