In drei Stunden fit fürs E-Bike
Unfallkasse Rheinland-Pfalz unterstützt kostenfreie Fahrsicherheitstrainings
„Kleiner Gang und Blick nach vorne – nicht auf den Boden schauen! Denn ihr fahrt genau da hin, wo ihr hinseht“, ruft Bernd Lohrum den Teilnehmenden des Kurses „Fit² mit dem E-Bike“ zu. Der Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) ist als Fahrsicherheitstrainer für ein Kooperationsprojekt der Unfallkasse Rheinland-Pfalz (UK RLP) und des GKV-Bündnis für Gesundheit im Einsatz. Der Hintergrund: Immer mehr Berufstätige nutzen E-Bikes und Pedelecs und machen so den Weg zur Arbeit zum Fitnesstraining. Die Kehrseite der Medaille sind aber auch mehr Unfälle.
Das Statistische Landesamt kann dazu Zahlen liefern: 2023 gab es 548 Verletzte nach Radunfällen in Rheinland-Pfalz – rund 16 Prozent mehr als im Jahr 2020. In den ersten fünf Monaten 2024 wurden 186 Verletzte gezählt. Im Vergleichszeitraum vier Jahre zuvor waren es 110. Natürlich bedeuten diese Zahlen nicht, das Radfahren ungesund oder gefährlich ist. Doch schon rein statistisch bedeuten mehr Menschen, die auf dem E-Bike mit wesentlich höheren Jahresfahrleistungen unterwegs sind, auch mehr Unfälle. Unfälle, die noch dazu häufiger schwer oder tödlich enden als solche auf einem „normalen“ Fahrrad.
Besonders in der Gruppe der jüngeren E-Bike-Fahrenden wachsen die Unfallzahlen stark. Lag ihr Anteil im Jahr 2014 lediglich bei 10,7 Prozent, waren es 2021 schon 27,8 Prozent – Tendenz steigend. Eine Unfallursache gerade in dieser Gruppe ist das Überschätzen der eigenen Fahrfähigkeiten. Das Problem ist: Viele E-Bikende tasten sich nicht langsam heran, sondern starten gleich voll durch. Sensibilisierung und Prävention können hier helfen, und beides hat sich das auf vier Jahre angelegte Projekt „Fit² mit dem E-Bike“ auf die Fahnen geschrieben. Seit dem Kickoff im vergangenen Sommer schult der ADFC, der das Trainingskonzept im Auftrag der UK RLP und des GKV Bündnisses entwickelt hat, E-Bike-Fahrende und bildet parallel dazu weitere Fahrsicherheitstrainer aus, um das Kursangebot möglichst in jedem Zipfel von Rheinland-Pfalz anbieten zu können.
Trainiert wird in kleinen Gruppen, damit alle auch genügend Praxis bekommen und individuell betreut werden können. Schnell wird klar: Schon das Anfahren will geübt sein, auf die Technik kommt es auch beim Aufrichten des Rads an. Wer schon mal auf einem E-Bike gesessen hat, der weiß, dass sich das Fahrerlebnis sehr vom Fahren auf einem „normalen“ Fahrrad unterscheidet: Motor und Akku machen das E-Bike schwerer, die Bremsen sind effektiver, man ist schnell und leicht mit einer höheren Grundgeschwindigkeit unterwegs. „Da ist es wichtig, dass man das Gesamtsystem beherrscht“, betont Bernd Lohrum. Was es vor allem braucht, sei Fahrpraxis.
Hinzu kommt: Mit dem E-Bike ist es viel einfacher, mehr und längere Strecken zu fahren. Für sportlich aktive Menschen ist das kein Problem. Aber wie verhält sich das bei älteren Menschen oder Wiedereinsteigenden, deren Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit weniger trainiert oder gar eingeschränkt sind? Bei vielen fährt auch die Angst ein bisschen mit. „Radfahren hat viel mit subjektiver Sicherheit zu tun. Es ist die Sicherheit, die ich fühle, wenn ich auf meinem Rad unterwegs bin“, weiß Ute Kirchhoff, ebenfalls Fahrsicherheitstrainerin beim ADFC.
Und was sagen die Kursteilnehmenden? „Ich weiß jetzt, wie so ein Rad funktioniert“, resümiert Claudia Krah, eine der Teilnehmerinnen am Fahrsicherheitstraining. „Was ich für mich mitgenommen habe, ist, wie so ein E-Bike in bestimmten Situationen reagiert. Ich bin eine sehr ängstliche Fahrerin und meide an und für sich Situationen wie Vollbremsungen oder enge Kurven. In diesem Kurs habe ich mich aber überwunden und getraut! Ich habe gelernt, immer vorausschauend zu fahren und auch bei ganz langsamem Tempo weiter in die Pedale zu treten, um nicht zu kippen.“
Die E-Bike-Trainings dauern in der Regel drei Stunden, mitmachen können E-Bikende ab 18 Jahre. Ganz praktisch erfahren sie auf ihren eigenen E-Bikes, worauf sie beim Anfahren, Fahren, Kurvenfahren und Bremsen mit der Motorunterstützung achten müssen. Sie lernen das Zusammenspiel von Schaltung und Unterstützung sowie das Wirkprinzip der Unterstützungsstufe in Abhängigkeit zur Trittfrequenz. Praktische Tipps für das Training von Gleichgewicht, Kraft und Ausdauer sowie für den E-Bike-Alltag (Radkippen, Schieben/Heben, Transport) inklusive Akkupflege runden den Kurs ab. Für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen sowie Versicherte und Betriebe der Unfallkasse Rheinland-Pfalz ist die Teilnahme kostenfrei.
Alle Infos zum Projekt „Fit² mit dem E-Bike“ sind ebenso wie alle Kurstermine auf der Projekt-Webseite www.fit2ebike.de zu finden. Über die Teilnahmebedingungen für ihre Versicherten informiert die UK RLP auf ihrer Seite für Fahrsicherheitstrainings.
„Vision Zero“ als Antrieb
Dass die Unfallkasse Rheinland-Pfalz sich in dem Projekt „Fit² mit dem E-Bike“ engagiert, hat einen guten Grund: Als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung verfolgt sie im Sinne der Kampagne „Vision Zero“ ein großes Ziel: eine Welt ohne Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und arbeitsbedingter Erkrankungen.
„Sichere Radfahrmobilität“ im Blick
„Sichere Radfahrmobilität“ ist auch Thema der gemeinsamen Schwerpunktaktion 2025 des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR), der Unfallkassen und der Berufsgenossenschaften. Hintergrund ist auch hier, dass mit Zunahme der Rad- und Pedelec-Nutzung die Unfallzahlen steigen. Die Schwerpunktaktion beleuchtet auf ihrer Webseite mögliche Ursachen dieser Unfälle und liefert alltagstaugliche Tipps und Hinweise für die richtige Ausstattung, die wichtigsten Verkehrsregeln und sicheres Radfahren im Straßenverkehr.