Pädagogische Arbeit auf Augenhöhe
Die Kindertagesstätte in Alsenborn siegt beim Präventionspreis der Unfallkasse Rheinland-Pfalz
Das Kind noch schnell in die Kitagruppe bringen, dann in Ruhe bei einer Tasse Kaffee verschnaufen, bevor es weitergeht – kein Problem in der Kita im pfälzischen Alsenborn.
Hier werden die Eltern nicht ausgesperrt. Im Gegenteil: Sie haben alle Schlüssel zur Kita und könnten im Grunde kommen und gehen, wann sie wollen. Dies ist nur ein Beispiel dafür, dass es in der Kita Alsenborn, der Siegerin des diesjährigen Präventionspreises der Unfallkasse Rheinland-Pfalz, zweifelsohne etwas anders zugeht als anderswo.
Dahinter stehen Kitaleiterin Anna-Maria von Lauppert und ihre besondere Art der Leitung, die sie als „Führen ohne zu dirigieren“ bezeichnet. Vertrauen und Partizipation werden hier groß geschrieben, und das sei alles andere als „Laisser-Faire“. Das bedeute vielmehr zuzuarbeiten, Input zu geben und präsent zu sein. „Wenn man führt, dann muss man schon ganz genau wissen, wohin es gehen soll“, bekräftigt von Lauppert, die stets den „Gesamtkomplex Kita“ im Blick behält.
In der Kita Alsenborn sind alle gleich – die Gruppenleitungen wurden abgeschafft. Das hat bewirkt, dass sich nun alle Erzieherinnen verantwortlich fühlen und als Ansprechpersonen dienen können. Und darum geht es der Kitaleiterin: Die Einrichtung soll auch laufen, wenn sie einmal nicht da ist. „Das erreicht man nur, wenn man Menschen Eigenverantwortung gibt – nicht mit Hierarchie und Anordnungen“, davon ist Anna-Maria von Lauppert überzeugt. Und sie weiß, dass sie sich auf ihr Team verlassen kann: „Ich kann rausgehen und brauche mir gar keine Gedanken zu machen.“
Ein gutes Gefühl haben auch die Erzieherinnen: Sie können den pädagogischen Alltag in den Gruppen eigenständig ganz nach den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Eltern planen und umsetzen. Positiver Nebeneffekt: Das Mehr an Gestaltungsfreiheit und die Chance, sich in der Berufung frei zu entfalten, macht zufriedener. „Durch diese Art der Kita-Führung entsteht wiederum die Basis für Partizipationsmöglichkeiten für Kinder und Eltern“, erklärt von Lauppert.
Rahmen und Regeln ermöglichen Freiraum und Partizipation
„Doch bevor Freiraum und Partizipation möglich sind, müssen Rahmen und Regeln für alle verständlich erarbeitet und abgesteckt und immer wieder gemeinsam überdacht und überarbeitet werden“, betont sie weiter. Grundlage für alles, was in der Kita vor sich geht, ist daher das Konzept, das Mitte der 1990er-Jahre erarbeitet und seitdem kontinuierlich angepasst wurde. Vor zehn Jahren hat die Kita darüber hinaus ihren „Leitfadenordner“ angelegt – ein Regelwerk, das nicht nur bei der Einführung von neuen Beschäftigten hilft. Es dient das ganze Jahr hindurch für alle als „Nachschlagewerk“. „Der Leitfadenordner gibt Sicherheit, Verlässlichkeit und Struktur“, bringt es die Kitaleiterin auf den Punkt. Die Inhalte des Ordners werden immer wieder überprüft – und zwar jede Kleinigkeit. So ist der Leitfadenordner, mit dem die Kita vor zwei Jahren bereits den zweiten Platz beim Präventionspreis der UKRLP einheimste, auch immer auf dem aktuellen Stand.
Eine weitere „Spezialität“ der Kita sind die Miniteams in den nach Altersstruktur eingeteilten Gruppen. Die Miniteams übernehmen alles, was in der Gruppe ansteht, stellen ihre pädagogische Arbeit bei Elternabenden und Kennenlerngesprächen vor, führen Entwicklungsgespräche und legen auch ansonsten viel Wert auf die Elternarbeit. Denn eine gute Beziehung zu den Eltern ermöglicht den Erzieherinnen ein angenehmes und wertgeschätztes Arbeiten.
Dass auch die Achtsamkeit in Sachen Sicherheit und Gesundheit im Kitaalltag fest verankert ist, versteht sich quasi von selbst. Viel Wert wird auf Raumgesundheit gelegt. Schon seit Langem wird nur noch mit biologischen Putzmitteln gereinigt. Wenn die Wände neu gestrichen werden, geschieht das nur mit Farben, die nicht zum Himmel stinken. Und beim Anbau, der gerade entsteht, will die Kitaleiterin natürlich ganz genau wissen, was da alles verbaut wird. „Gerade den Lärmschutz mussten wir in unserer Kita immer wieder verbessern, mittlerweile haben wir sogar eine eigene Lärmampel. Alle Erzieherinnen haben mittlerweile Erzieherstühle, die sie sich selbst aussuchen konnten“, zählt Kitaleiterin von Lauppert weitere präventive Maßnahmen im Kitaalltag auf.
Für Oliver Patschula, Präventionsberater der Unfallkasse, ist das, was in der Kita Alsenborn passiert, beispielhaft. „Es ist ein gelebter Prozess – auf sehr hohem Niveau“, lobt er. Die Kita entwickle sich ständig weiter, und während die pädagogische Kernaufgabe dabei stets im Mittelpunkt bleibt, werden die Details drum herum kontinuierlich verfeinert.
So, wie sie ist, könnte die Kita damit als Paradebeispiel für die Präventionskampagne kommmitmensch dienen. Das sieht auch Anna-Maria von Lauppert so. „kommmitmensch ist ein Thema für uns, allerdings nicht als ein Projekt, sondern vielmehr offen oder auch versteckt in vielen, vielen Details unsere Kita betreffend“, sagt die Kitaleiterin. Die in der Kita gelebte Kultur der Prävention empfindet sie als Normalität – genauso wie die Mitarbeitenden, Kinder und Eltern, denn sie kennen ja nichts anderes. Die Auszeichnung beim Präventionspreis ist für die Kita eine willkommene Wertschätzung. Und auch die damit verbundene Geldprämie kommt gerade richtig, denn vielleicht erfüllt sich mit ihr ja der Wunsch nach einer neuen Matschanlage für die Kita.
Nachahmer ausdrücklich erwünscht
Bei der Kindertagesstätte in Alsenborn handelt es sich um eine fünfgruppige kommunale Kita, die noch in diesem Jahr auf sechs Gruppen erweitert werden soll. 16 pädagogische Fachkräfte, eine pädagogische Vertretungskraft und zwei Praktikantinnen betreuen hier maximal 115 Kinder ab dem zweiten Lebensjahr, davon bis zu 25 U3-Kinder. Für 60 Kinder besteht in der Kita die Möglichkeit für ein Ganztagsangebot mit Mittagsverpflegung.