Ein Interview mit Dr. Christoph Heidrich

Der neue Geschäftsführer der Unfallkasse Rheinland-Pfalz

Portraitfoto Dr. Christoph Heidrich

 

Mit Beginn des Jahres hat Dr. Christoph Heidrich die Nachfolge von Manfred Breitbach als Geschäftsführer der Unfallkasse Rheinland-Pfalz angetreten, der zuvor acht Jahre lang erfolgreich an der Spitze des Unfallversicherungsträgers gestanden und sich nun in den altersbedingten Ruhestand verabschiedet hat.

 

Wir haben „den Neuen“ zum Interview gebeten, um Näheres über ihn, seine Ziele und natürlich die Unfallkasse Rheinland-Pfalz zu erfahren.


ampel: Dr. Heidrich, Sie haben mit Wirkung zum 1. Januar 2024 die Aufgabe des Geschäftsführers der Unfallkasse Rheinland-Pfalz übernommen. Wie war ihr beruflicher Werdegang bis dahin?

Dr. Christoph Heidrich: Begonnen habe ich als Wissenschaftler, konkret als Mikrobiologe. Ich habe in der Grundlagenforschung im Bereich Infektionsschutz gearbeitet, unter anderem am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen. Nach meiner naturwissenschaftlichen Laufbahn habe ich mich im Jahr 2001 der Landesunfallkasse NRW angeschlossen, dort die Weiterbildung zur Aufsichtsperson absolviert und im Bereich Prävention gearbeitet. Im Jahr 2007 bin ich zur Unfallkasse Rheinland-Pfalz nach Andernach gewechselt. Dort habe ich in den vergangenen 16 Jahren nacheinander aufsteigende Führungsverantwortung übernommen. Zuletzt war ich Leiter der Abteilung Sicherheit – Gesundheit – Teilhabe.

 

ampel: Zunächst eine grundlegende Frage: Warum braucht es eine Unfallkasse Rheinland-Pfalz als Institution im Rahmen der Sozialversicherung?

Dr. Christoph Heidrich: Wir haben derzeit im Kreis unserer Versicherten etwa 65.000 Versicherungsfälle pro Jahr. Damit wir uns eine Vorstellung von der Dimension machen: Das Bundesligastadion des FSV Mainz 05 fasst 33.000 Zuschauer. Das heißt: Die Zahl der Verunfallten in Rheinland-Pfalz füllt Jahr für Jahr zwei Stadien! Solange wir diese immensen Unfallzahlen haben, brauchen wir eine Unfallkasse Rheinland-Pfalz, um die Betroffenen wieder gesund zu bekommen. Und – noch wichtiger – es sind noch größere Anstrengungen nötig, um die Zahl der Unfälle deutlich zu reduzieren. Dafür arbeiten unsere rund 190 Mitarbeitenden mit hoher Motivation und Einsatzbereitschaft. Unser Fernziel ist die „Vision Zero“ – sprich null schwere und tödliche Unfälle. Davon sind wir leider noch sehr weit entfernt.

 

ampel: Wer sind Ihre Versicherten?

Dr. Christoph Heidrich: Versichert ist jede Person in Rheinland-Pfalz, die im öffentlichen Dienst beschäftigt ist. Das heißt kommunale und staatliche Bedienstete, zusätzlich auch Kinder beim Besuch von Kindertageseinrichtungen, Schülerinnen und Schüler sowie Studierende, Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren, ehrenamtlich Tätige und viele mehr. Insgesamt sind etwa 1,6 Millionen Menschen in Rheinland-Pfalz bei der Unfallkasse Rheinland-Pfalz gesetzlich unfallversichert.

 

ampel: Wie wird die Unfallversicherung finanziert? Wer bezahlt die Kosten?

Dr. Christoph Heidrich: Anders als andere Sozialleistungsträger wie Krankenkassen oder Rentenversicherungen erfolgt die Finanzierung ausschließlich durch die Arbeitgebenden. Das sind in unserer Zuständigkeit insbesondere die Gemeinden, Städte, Bezirksverbände, Landkreise und nicht zuletzt das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch seine Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Landräte und Landrätinnen, Präsidentinnen und Präsidenten oder Minister und Ministerinnen. Dies folgt dem Prinzip, dass der Verursacher oder die Verursacherin einer Gefährdung auch die Kosten für deren Folgen zu tragen hat.  

 

ampel: Was unterscheidet die Unfallkasse Rheinland-Pfalz von einer privaten Unfallversicherung?

Dr. Christoph Heidrich: Private Unfallversicherungen sind gut und richtig in bestimmten, nicht durch Gesetz abgedeckten Risikosituationen. Beispielsweise, wenn Sie sich finanziell gegen Unfallfolgen privater Hobbys absichern wollen. Dazu wählen Sie sich aktiv eine Versicherung aus, die Ihnen mit Ihrem Leistungsangebot zusagt. Versichert bei der Unfallkasse Rheinland-Pfalz ist man dagegen nicht durch eine persönliche Police, sondern kraft Gesetz. Und zwar kostenfrei für die versicherte Person. Anders als bei privaten Unfallversicherungen sind Versicherungsumfang und Versicherungsdauer unbegrenzt.

Eine weitere Besonderheit: In der gesetzlichen Unfallversicherung – wie auch bei Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern – gibt es eine sogenannte Selbstverwaltung. Damit ist gemeint, dass die Mitglieder der Unfallversicherung über ihre Organe an der Verwaltung der Unfallversicherung aktiv mitwirken. Diese Organe heißen Vorstand und Vertreterversammlung. Sie gehen aus den Sozialwahlen hervor, die alle sechs Jahre stattfinden. 

 

ampel: Wofür steht die Unfallkasse Rheinland-Pfalz noch? 

Dr. Christoph Heidrich: Die Unfallkasse Rheinland-Pfalz steht für die Sicherheit, Gesundheit und Teilhabe ihrer Versicherten ein. Sie steht für Nähe zum Menschen, für Freundlichkeit und Zuverlässigkeit, für Professionalität und Qualität. Ihre Aufgaben sind im Sozialgesetzbuch (SGB) VII beschrieben. Zentral ist dabei der Auftrag, mit allen geeigneten Mitteln für die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu sorgen. Tritt aber doch ein solches Ereignis ein, so haben wir wiederum mit allen geeigneten Mitteln dafür Sorge zu tragen, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Betroffenen wiederherzustellen.

 

ampel: Zum Schluss noch eine ganz wichtige Frage: Was wollen Sie als neuer Geschäftsführer erreichen?

Dr. Christoph Heidrich: Meine erste Zielsetzung ist, dass die Unfallkasse Rheinland-Pfalz weiterhin eine exzellente und zuverlässige Partnerin der Versicherten und Mitglieder bleibt. Dies wird unter anderem eine große Herausforderung, weil auch wir mit Fachkräftemangel zu kämpfen haben und es nicht leichter wird, guten Nachwuchs zu finden. Zum zweiten möchte ich, dass unser Wirkungsgrad als Unfallversicherungsträger größer wird. Dazu müssen wir uns selbst stets am Puls der Zeit aufstellen, uns digital noch weiter verbessern und unsere Prozesse weiter optimieren. Denn wir können nur wirksam und nachhaltig zu Sicherheit und Gesundheit beraten, wenn wir die Entwicklungen in der Arbeits- und Bildungswelt kennen; wenn wir wissen, wo die Ursachen auch von neuen Gesundheitsrisiken liegen und wissen, wie sie minimiert werden können. Jüngstes Beispiel sind Gesundheitsaspekte rund um die mobile Arbeit, die in den jüngsten Jahren rasant an Bedeutung gewonnen hat. Hierzu haben wir ein sehr informatives Homeoffice-Tool auf unserer Website veröffentlicht.

Nicht zuletzt muss die Unfallkasse Rheinland-Pfalz aber auch mit all ihren Leistungen noch bekannter werden. Wir bieten beispielsweise sehr vielfältige präventive Angebote für unsere Versicherten, die oftmals wenig bekannt sind. Zum Beispiel unser umfangreiches Qualifizierungsangebot, unsere Informationsblätter und Handlungshilfen, aber auch unsere Leistungen zur Finanzierung von Erste-Hilfe Kursen für betriebliche Ersthelfer. Ein höherer Bekanntheitsgrad sollte zu einer höheren Nutzung dieser Angebote und in der Folge zu weniger Unfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren führen. 

 

ampel: Herr Dr. Heidrich, vielleicht war unser Interview dazu ein erster Schritt. Vielen Dank für das Gespräch!


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